Mit der Eisenbahn unterwegs zu sein ist für Pendler*innen und Reisende eine ausgezeichnete Methode, um ein Ziel zu erreichen. Ob auf dem Weg zur Arbeit oder in den wohlverdienten Urlaub, die NordWestBahn bringt Euch sicher hin. Jeden Tag rollen tausende Züge verschiedener Eisenbahnverkehrsunternehmen über die Gleise der Region. Die Sicherheit auf den Schienen hat dabei oberste Priorität. Um diese zu garantieren, gibt es im Streckennetz viele technische Kontrollen, ohne die der Zugverkehr heute nicht mehr möglich wäre. Doch technische Geräte funktionieren nicht immer einwandfrei, gerade wenn sie sehr häufig genutzt werden. Um Reisende und Pendler*innen die größtmögliche Mobilität bieten zu können, läuft der Eisenbahnbetrieb (fast) rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr.
Viele Störungen haben somit auch gleich Auswirkungen auf die Reise der Fahrgäste. Welche Störungen besonders häufig vorkommen und welche Folgen diese haben, erklärt Jörg Cyroll, Leiter Betrieb der NordWestBahn.
Moin Jörg, du kennst das ja, wenn die NordWestBahn 20 Minuten zu spät am Bahnhof ankommt, sind die Fahrgäste meistens nicht so amüsiert. Kannst du das verstehen?
Na sicher. Ich bin auch lieber pünktlich am Ziel, das ist doch klar.
Und wenn die Fahrgäste dann auf die NordWestBahn schimpfen?
Dann ist das auf den ersten Blick nachvollziehbar. Auf den zweiten Blick denke ich mir dann allerdings auch, dass es schade ist, dass unsere tägliche Arbeit die Fahrgäste nicht zufrieden stellt. Sicher gibt es auch mal Störungen in unserem Betriebsablauf, die zu Verspätungen führen. Zum Großteil sind es allerdings Störungen auf der Strecke, die uns und den Fahrgästen ein Schnippchen schlagen. Wir können ja erst mal nichts an den Störungen auf der Strecke machen. Die Strecken werden von den Kolleg*innen der Infrastrukturträger, zum Beispiel der DB Netz AG betrieben, da können wir selber nicht eingreifen.
Die Sicherheit geht immer vor, auch wenn es dadurch zu Verspätungen kommt und die Fahrgäste sich ärgern.
Was sind das denn für Störungen?
Da gibt es sehr viele verschiedene Dinge, die passieren können. Die häufigsten Probleme gibt es sicherlich mit Signalen, Weichen und Bahnübergängen.
Gehen wir das doch mal der Reihe durch. Was macht denn ein Signal und was passiert, wenn es gestört ist?
Im Eisenbahnverkehr bewegen sich die Züge auf der Strecke in so genannten Zugfolgeabschnitten, das sind Streckenbereiche, in denen sich immer nur ein Zug aufhalten darf. Jeder Abschnitt ist durch Hauptsignale begrenzt, das erste Signal bestimmt den Anfang des Abschnittes und das zweite das Ende. Die Signale zeigen dem Triebfahrzeugführer an, ob ihm die Einfahrt in den jeweils nächsten Abschnitt gewährt wird. Ob sich ein Zug in einem Block befindet, werten elektrische Sensoren aus. Wenn ein Zug einen Block belegt, dann geben die Sensoren diese Information an das entsprechende Stellwerk, das dann das Hauptsignal auf Halt (rot) stellt und dem Triebfahrzeugführer anzeigt, dass er nicht in den Abschnitt einfahren darf. Sobald der Abschnitt frei wird, geben die Sensoren das Signal zur Weiterfahrt (grün oder gelb). Da der Bremsweg bei Zügen ungleich weiter ist als bei Autos, gibt es zu jedem Hauptsignal auch immer ein Vorsignal (im festgelegten Bremswegabstand). Das Vorsignal zeigt an, ob das jeweils folgende Hauptsignal ebenfalls frei zeigt oder eben nicht.
Das klingt nachvollziehbar. Was ist denn das Problem mit den Signalen?
Jede Technik hat ihre Tücken. Wenn einer der Sensoren auf der Strecke nicht ordnungsgemäß funktioniert oder die Signale selbst ein Problem haben, dann werden die Signale automatisch auf Rot gestellt. In diesem Fall muss davon ausgegangen werden, dass sich noch ein Zug im Block befindet. Für die Fahrgäste heißt es dann erst mal warten. Der Fahrdienstleiter, der den Überblick über den Verkehr auf der Strecke hat, kann dann das Fahren auf Sicht mit einem schriftlichen Befehl oder Vorsichtssignal erlauben.
Der Triebfahrzeugführer darf in diesem Fall den Streckenabschnitt auf Sicht befahren, allerdings nicht schneller als mit 40 Kilometern in der Stunde, oder je nach Sichtverhältnissen - bei Nebel und Dunkelheit zum Beispiel - auch noch langsamer. Die Verspätungen sind dann natürlich vorprogrammiert.
Und das betrifft dann nicht nur einen Zug?
Genau, andere Züge, die auf der Strecke unterwegs sind, müssen dann warten bis der Block frei ist und gegebenenfalls genauso auf Sicht fahren, wenn die Störung noch andauert. Gerade auf eingleisigen Strecken schaukeln sich die Verspätungen dadurch hoch.
Immer wieder lesen Fahrgäste auch von einer Weichenstörung, wenn der Zug verspätet ankommt.
Bei Störungen an der Weiche ist die Situation klar. Wenn eine Weiche sich nicht mehr stellen lässt, dann kann kein Zug die Weiche passieren. Eine Weiche hat einen elektrischen Motor, der ist natürlich auch anfällig für Störungen.
Die Weiche führt die Züge entweder geradeaus oder lenkt sie nach links oder rechts. Da bei einer Störung der Weiche nicht ersichtlich ist, in welcher Position diese steht, kann auch kein Zug durchgelassen werden. Dann ruht der Verkehr solange, bis die Störung behoben ist, oder die Züge müssen wieder zurückfahren.
Bahnübergänge funktionieren genauso elektronisch wie Signale oder Weichen.
Jörg, wie ist die Lage bei den Bahnübergängen?
Bahnübergänge sind für den Eisenbahnverkehr natürlich unverzichtbar, sonst würde eine Eisenbahnstrecke ja ganze Landstriche einschließen. Bahnübergänge funktionieren genauso elektronisch wie Signale oder Weichen. Sensoren an der Strecke lösen den Betrieb von Schranken und Ampeln an den Übergängen aus. Jeder Bahnübergang hat in der Regel ein kleines Häuschen in der unmittelbaren Nähe. In diesem Häuschen wird die empfindliche Elektronik aufbewahrt. Gerade im Sommer und im Winter kann es Probleme mit der Elektronik geben. Wenn an dem System Bahnübergang nur ein Teil nicht funktioniert, wird dem Triebfahrzeugführer per Signal an der Strecke mitgeteilt, dass er den Übergang nicht passieren darf.
Und dann steht der Zug solange bis die Anlage wieder einwandfrei funktioniert?
Nein, der Triebfahrzugführer hat die Möglichkeit den Bahnübergang auch selbstständig zu sichern.
Holt er dann ein Flatterband heraus und spannt es über die Straße?
Das geht zum Glück einfacher. Heute sind viele Bahnübergänge schon mit einer automatischen Hilfseinschalttaste ausgestattet. Da genügt es, wenn der Triebfahrzeugführer mit dem Zug an den Bahnübergang heranfährt und anhält , dann löst er automatisch die Hilfseinschaltung für den Bahnübergang aus. Dieses System gibt es auch noch in der manuellen Version, dabei muss der Triebfahrzeugführer aussteigen und mit einem Schlüssel den Bahnübergang per Hand einschalten. Das dauert natürlich deutlich länger und führt in der Folge zu satten Verspätungen.
Aber oft sind gleich mehrere Bahnübergänge von einer Störung betroffen. Funktionieren die alle per Zufall gleichzeitig nicht?
Nein das wäre ja Hexerei. Wie bei der Signalstörung beschrieben, haben Züge einen deutlich längeren Bremsweg als Autos. Entsprechend werden die Einschaltpunkte der Bahnübergänge so geplant, dass ein Zug immer zum Stillstand kommen kann, bevor er auf einen weiteren Bahnübergang fahren würde.
Sollte es aber mehrere Übergänge geben, die in Abständen einander folgen, so dass die Abstände für die Einschaltung der einzelnen Bahnübergänge nicht ausreichen, dann werden alle folgenden Bahnübergänge gemeinsam eingeschaltet. Wenn nun an einem Bahnübergang eine Störung vorliegt und der Zug deshalb zusätzlich anhalten muss, dann müssen alle folgenden Bahnübergänge auch vom Triebfahrzeugführer zusätzlich eingeschaltet werden. Somit kann es vorkommen, dass durch eine Bahnübergangsstörung gleich mehrere Bahnübergänge vom Triebfahrzeugführer gesichert werden müssen. Das können auf manchen Strecken auch mal sechs Stück oder mehr sein. So kommen leicht 20 Minuten Verspätung zustande, die dann wieder den ganzen Ablauf durcheinanderbringen.
Wir arbeiten eng mit den Kolleg*innen der Deutschen Bahn zusammen und versuchen für uns und unsere Fahrgäste immer das Bestmögliche rauszuholen.
Das ist ja ein sehr komplexes System.
Das ist wohl so. Aber ohne würde es nicht funktionieren. Die Sicherheit geht immer vor, auch wenn es dadurch zu Verspätungen kommt und die Fahrgäste sich ärgern.
Jörg, vielen Dank für die ganzen Informationen. Wird es denn zukünftig weniger Störungen geben?
Wir arbeiten eng mit den Kolleg*innen der Deutschen Bahn zusammen und versuchen für uns und unsere Fahrgäste immer das Bestmögliche rauszuholen.